Das friedliche Zusammenleben verschiedener Kulturen scheint gerade heute ein scheinbar unmögliches Unterfangen zu sein. Die Geschichte beweist uns jedoch das Gegenteil. Christen, Moslems und Juden erlebten einige hundert Jahre lang in Andalusien die Chance, die Synergien ihrer Unterschiedlichkeit zu nutzen. Die Künstlerin Gina Schenk-Roche hat jene so vorbildliche Zeit der „Convivencia“ in ihren Werken versinnbildlicht.
Al-Andalus: die faszinierendste Epoche der Geschichte Andalusiens begann 711 mit der Eroberung des westgotischen Spaniens durch die Mauren. Das „muslimische Spanien“, das von den Arabern in seiner Gesamtheit „al-Andalus“ bezeichnet wurde, gehörte nun politisch und kulturell zum Dar al-islam, zu dessen Grundidee die Vorstellung gehörte, dass in religiösen Fragen kein Zwang bestehen darf. (Koran, 2.Sure, 126). So lebten im Andalus acht Jahrhunderte lang verschiedene Ethnien und Kulturen neben- und miteinander: muslimische Araber und Berber, zum Islam konvertierte Christen, dem Christentum treu gebliebene Mozaraber, Juden und Sklaven aus Nord- und Mitteleuropa.
Wenn dieses Zusammenleben auch keineswegs konfliktfrei funktionierte, so gelangte al-Andalus doch zu einer wirtschaftlichen und kulturellen Blüte, die im übrigen Europa ihresgleichen suchte. Vor allem im Bereich der Wissenschaft verloren kulturelle Grenzen ihre Gültigkeit. Auch Machtrochaden, Beutefeldzüge und Grenzkonflikte, sowie der allmähliche Zerfall des großen Reiches und die einsetzende Reconquista konnten jene Gesellschaft eine lange Zeit nicht in ihrem florierenden Wachstum bremsen.
Bei Aufenthalten in Andalusien hat sich die österreichische Künstlerin Gina Schenk-Roche mit der einzigartigen Geschichte jener Region auseinandergesetzt, deren Spuren auch heute noch in vielen historischen Bauwerken unübersehbar sind. Inspiriert von der Einzigartigkeit, der Widersprüchlichkeit und der Vorbildhaftigkeit des al-Andalus, erzählt sie in ihren Bildern von Toleranz und Fortschritt, und macht dem Betrachter den schmalen Grat, der zwischen Friede und Gewalt liegt, sinnlich erlebbar